Finanzierung
Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist eine gesundheitspolitische Dauerbaustelle. Praktisch jede Bundesregierung versucht sich daran, die mit jeder Finanzierungsreform in wechselnder Ausprägung verbundenen Ziele Stabilität und Nachhaltigkeit, Finanzierungsgerechtigkeit, Wettbewerbskompatibilität und Praktikabilität aufs Neue zu realisieren. Es ist also davon auszugehen, dass jede neue Legislaturperiode weitere Reformgesetze mit sich bringen wird, die die Finanzierung der GKV betreffen. Vor diesem Hintergrund haben die jeweils aktuellen Regelungen zur GKV-Finanzierung, aber auch anvisierte Reformen einen hohen Stellenwert in der Forschungsarbeit des WIdO.
Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs
Ein besonderer Fokus der Arbeit des WIdO im Themenfeld Finanzierung gilt dem 1994 zur Flankierung der freien Kassenwahl eingeführten Risikostrukturausgleich (RSA), der vielfach als technischer Kern der solidarischen Wettbewerbsordnung der GKV bezeichnet wird. Jedes wettbewerbliche Krankenversicherungssystem mit solidarischer Finanzierung benötigt einen RSA, damit die Krankenkassen keinen Anreiz zur Risikoselektion gegen überdurchschnittlich einkommensschwache und ausgabenintensive Versicherte haben und sich stattdessen gezielt um die Verbesserung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Gesundheitsversorgung kümmern.
Weil jeder Wettbewerb von seinem Wesen her ein dynamischer Prozess ist, bedarf die Ordnung des Kassenwettbewerbs einer ständigen Überprüfung und Anpassung. Hierzu zählte auch die Weiterentwicklung des RSA zu einem direkt morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich. Krankheitszuschläge im RSA wurden zusammen mit dem Gesundheitsfonds im Jahr 2009 eingeführt, zunächst für maximal 80 Erkrankungen; diese Begrenzung wird ab 2021 aufgehoben.. Die Begleitung der Weiterentwicklung des RSA im Interesse eines funktionalen Krankenkassenwettbewerbs steht dauerhaft auf der Forschungsagenda des WIdO.
Die konzeptionellen und empirischen Analysen des WIdO zur Finanzierung der GKV beschäftigen sich aber auch mit der Ausgestaltung des Bundeszuschusses, der sich aus allgemeinen Steuermitteln speist, sowie mit den Versicherungs- und Beitragsregularien, die einzelne Versichertengruppen wie Beamte und Selbstständige betreffen.
Finanzierungsfragen der Pflegeversicherung
Schließlich gibt es nicht nur in der GKV fortlaufenden Anpassungsbedarf bei der Finanzierung, sondern auch in der sozialen Pflegeversicherung, die allein schon aus demografischen Gründen auf weiterhin steigende Ausgaben vorbereitet werden muss. Die Notwendigkeit, zusätzliche Pflegekräfte zu rekrutieren und den Pflegeberuf attraktiver zu machen, wird ebenfalls absehbar zu wachsendem Finanzierungsbedarf führen. Hierfür müssen schlüssige Antworten gefunden werden, die dem Kriterium der Stabilität und Nachhaltigkeit der Finanzierung ebenso genügen wie der Verteilungsgerechtigkeit. Deshalb stehen auch diese Fragen im Fokus der Arbeit des WIdO.